Resilienz. Wie Du negative Gefühle immer besser aushältst.

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Gestern habe ich mit einer Freundin darüber gesprochen, was einen Menschen resilient macht und was es bedeutet, resilient zu sein, also mit negativen Gefühlen umgehen zu können und widerstandsfähig zu sein. Sie sagte in einem Nebensatz, wenn sie eine Krise hat oder etwas Negatives fühlt, dass sie dann dieses Gefühl ist. 

Diesen Gedanken fand ich so interessant, dass ich das Thema unsere Aufmerksamkeit verdient. Ich beginne mal mit der These, dass Du zu jeder Zeit, egal wie es Dir geht, großen Einfluss auf Deine Gedanken und Gefühle hast. Wenn es Dir gut geht, ist das wahrscheinlich so okay für Dich. Positive Gefühle nehmen wir einfach an als genau das, was wir haben wollen. In emotional schweren Phasen klingt diese Idee vielleicht beinahe wie Hohn. Ich möchte daher ergänzen: Wenn Du so weit bist.

Ich meine, Du kannst Einfluss auf Deine Gedanken und Gefühle nehmen, wenn Du soweit bist. Wenn Du in dieser aktuellen Krisensituation soweit bist. Wann das so ist, wissen wir nicht. Doch dass der Zeitpunkt kommen wird, darf Dir schon dann Zuversicht schenken, wenn Du noch mittendrin in all den Gefühlen steckst. Im tiefsten Tief, wenn nur negative Gefühle da sind, dann darfst Du schon daran glauben, dass Du einen Zeitpunkt erreichen wirst, an dem Du Einfluss nehmen kannst, wie es Dir geht und dass Du Dich dann anders fühlen kannst. Absichtlich. Und auch anders fühlen wirst. Es liegt tatsächlich an Dir. Und es lohnt sich deshalb, es selbst in den allerschlimmsten Momenten jeden Tag wieder und wieder und wieder zu versuchen, Dein Gefühl zu verändern. 

Alle Gefühle sind immer möglich

Was heißt das genau? Mitten im Gefühlsstrudel glauben wir manchmal, so wie meine Freundin das auch gesagt hat, wir selbst wären das Gefühl. Wir sprechen manchmal sogar davon, dass wir in dem Gefühl gefangen sind. Das Gefühl ist überall, in uns, um uns herum und alles wird eins.

Doch das ist nicht so. Wir sind nicht das Gefühl, sondern wir spüren das Gefühl. Es ist für einen guten Umgang mit negativen Gefühlen ganz wichtig, dass Du Dich dann, wenn solche Gefühle in Dir aufsteigen oder Dich einnehmen wollen, getrennt von dem Gefühl wahrnimmst – so als wäre es nur eine vorübergehende Eigenschaft. Es ist ein bisschen so wie wenn es regnet: Der Regen ist nicht das Wetter, sondern das Wetter zeigt sich in dem Moment nur in Form von Regen.

Alle anderen Wetter sind genauso möglich und immer noch Teil des Wetters. Nur wenn es regnet, sind die anderen nicht sichtbar, nicht erlebbar, nicht spürbar. Und so ist das auch mit Deinen Gefühlen. Mache Dir bewusst, dass das so ist. Das ist keine These, das ist keine Idee, das ist so. Am besten machst Du Dir das bewusst, wenn es Dir besser geht. Und wenn Dich dann negative Gefühle überrollen, dann kannst Du Dich erinnern und es anwenden.

Damit meine ich, dass wenn es Dir gerade gut geht, dann beschäftige Dich damit, dass Gefühle kommen und gehen. Dann beachte, dass all die negativen Gefühle, die Du schon gefühlt hast in Deinem Leben gerade nicht da sind. Verankere das fest in Deinem System, damit Du Dich in negativen Situationen unabhängig von Deinem Gefühl wahrnehmen und absichtlich eine Beobachterperspektive einnehmen kannst. 

Beobachte Dich und Deine Gefühle

Stelle Dir so oft wie möglich die folgenden Fragen: Kann ich jetzt ausgehen aus meinem Gefühlschaos? Kann ich Abstand bekommen? Kann ich auf eine neue Weise über die Situation nachdenken? Sehe ich einen Ausweg? Erkenne ich etwas Gutes? Wie fühle ich mich genau? Möchte ich mich weiterhin so fühlen oder ist es genug? Brauche ich das Gefühl noch? Brauche ich es als Ausdruck für einen Schmerz, für eine Veränderung, für eine Situation? Welche Gedanken mache ich mir über die Situation und möchte ich mir diese Gedanken eigentlich überhaupt machen? Oder habe ich nicht eigentlich lang genug dasselbe gefühlt und dasselbe gedacht?

Irgendwann wirst Du – vielleicht unerwartet – einen neuen Standpunkt einnehmen können. Wenn Du zum Beobachter Deiner Situation wirst, dann kannst Du von außen sehen, dass es nur regnet und dass das Wetter immer noch viel mehr Möglichkeiten bietet. Und dann tut wird das negative Gefühl schon schwächer werden. 

Mit dieser Wetter-Metapher möchte ich Dich nicht verletzen, wenn Du gerade etwas Negatives fühlst. Es erleichtert es Dir vielleicht anzunehmen, dass Dein aktuelles Gefühl nur eine von vielen möglichen Formen ist, die gerade spürbar wird. Selbstverständlich sind Krisensituationen schlimmer als Regen. Es ist wirklich nur eine Metapher. 

Wenn Du es schaffst, Dich und Dein Gefühl zu beobachten, dann hören die immer gleichen Gedanken auf und dann beginnt etwas Neues: Neue Perspektiven sind möglich, Auswege sind sichtbar und es kann etwas entstehen aus der Krise.

In der Krise braucht es Resilienz 

Negative Gefühle werden durch Veränderungen ausgelöst, die wir nicht haben wollen. Die Fähigkeit, mit unvorhersehbaren, traurigen, schockierenden Erlebnissen umgehen zu können, also mit sehr starken negativen Gefühlen, nennt man Resilienz. Dieser Begriff ist vielleicht nicht in aller Munde, jedoch in vielen, und er beschreibt die Widerstandsfähigkeit eines Menschen. Es gibt wohl resilientere und weniger resiliente Menschen – manchen fällt es also leichter als anderen, Krisen zu verarbeiten.

Wodurch werden wir resilient? Können wir das lernen oder kommen wir bis zu einem gewissen Grad resilient auf die Welt und bleiben für immer auf diesem Level? Das Forschungsfeld ist sehr interessant, weil noch nicht ganz klar ist, wie es genau zusammenhängt, doch ich für meinen Teil vermute, dass beides zusammenkommt: Manche Menschen kommen resilienter auf die Welt als andere oder werden sehr früh so stark gefordert, weil sie in widrigen Umständen starten und schon früh lernen müssen, dass sich nicht immer alles gut anfühlt.

Andere lernen mit der Zeit, ihre negativen Gefühle aus Krisensituationen besser auszuhalten und stärker daraus hervorzugehen als vorher zu erwarten war. Sie werden also immer widerstandsfähiger. Wieder anderen fällt das ganze Thema vielleicht niemals wirklich leicht. Widerstandsfähig wirst Du, indem Du es bist. Indem Du in einem Moment, in dem Du negative Gefühle fühlst, drei Dinge tust: 

Erstens Dein Gefühl unmittelbar als berechtigt, angemessen und Teil von Dir anzunehmen und es mit jeder Faser Deines Körpers richtig zu fühlen. Bleibe dabei in dem tiefen Bewusstsein, dass es da sein darf– so wie der Regen – und doch nur ein mögliches Gefühl ist, dass Du spüren kannst. 

Zweitens jeden Widerstand aufgeben. Alles ist, wie es ist. Was auch immer dieses Gefühl ausgelöst hat, es ist jetzt so … Du sagst Ja zu dem Gefühl, Du sagst Ja zu den Umständen, Ja zur Veränderung und Ja zum Wandel. Das Neue ist jetzt Deine Gegenwart, das ist jetzt das, womit Du arbeitest, womit Du weitermachst.

Drittens Du nimmst die Beobachterperspektive ein, so wie ich das beschrieben habe. Du versuchst immer und immer und immer wieder raus zu gehen, Dich von außen anzugucken und zu prüfen, ob Du schon einen Ausweg und etwas Gutes in der Situation entdecken kannst. Wenn Du noch nicht soweit bist, klingt das als würde ich scherzen, doch ganz sicher kommt irgendwann der Punkt, wenn Du möchtest, dass er kommt. Wenn Du Dich dafür öffnest, diesen Punkt finden zu wollen – deshalb lohnt es sich, immer wieder aufs Neue zu prüfen, ob er schon erreicht ist.

Bleibe bei Dir – auch in der Krise

Ich beobachte seit vielen Jahren Menschen in Krisensituationen und diejenigen, die sich schnell erholen, sind die, die diese drei Dinge tun, also die alles fühlen, den Gefühlen Raum geben, nicht dagegen ankämpfen, richtig Durch die Gefühle hindurchgehen und dabei mutig bleiben und offen und neue Wege suchen. Die weiter fühlen, wieder prüfen, ob es schon genug ist, genau hinfühlen. Diese Menschen sind ganz bei sich, sie halten sich selbst aus, sie halten ihre Gefühle aus und sie halten auch den Prozess aus, durch den sie gehen dürfen. Sie wissen, dass das Gefühl wieder geht. Sie wissen, dass sie Einfluss nehmen auf ihr Leben und sie wissen, es ist nur eine Phase. Es ist nur Regen.

Sie sind nicht das negative Gefühl, sondern sie erleben es und üben gleichzeitig einmal mehr mit Widersprüchen und Widerständen und kraftraubend Erlebnissen immer besser umzugehen. Und genau dadurch werden sie resilient. Sie werden es, weil Sie diese Situation überleben und sich das bewusst machen. Also Sie speichern eine Erfahrung ab. Sie speichern ab, dass Sie auch solche Gefühle aushalten können. Sie erinnern sich daran, dass Sie das aushalten können. Sie wissen, dass sie es aushalten können. 

Bleibe nicht allein – es gibt Menschen, die helfen

Vielleicht schaffen diese Menschen das nicht allein. Auch wenn ich gesagt habe, sie bleiben bei sich, heißt das nicht, dass sie den Prozess mutterseelenallein durchmachen. Das Verarbeiten negativer Phasen bedeutet nicht, dass Du ganz alleine bist und mit niemandem sprichst oder dass Du keine Unterstützung erfährst. Ganz im Gegenteil, je schlimmer die Krisensituation für Dich ist, desto eher würde ich Dir empfehlen, Dir Menschen zu suchen, die verstehen, wie Verarbeitung geht.

Solche Menschen sind wertvolle Begleiter, wenn sie Dich anleiten, all diese Gefühle zu fühlen, weil sie wissen, wie notwendig das ist. Die Dich nicht abhalten wollen, ablenken oder Deine Empfindungen banalisieren oder bagatellisieren. Sätze wie Du fühlst zu viel oder falsch. oder Stell Dich nicht so an, Du übertreibst. sind nicht in Ordnung; weiter bringen Dich Personen, die sagen: Okay, das ist das Gefühl, was Du fühlst, und Du darfst das fühlen. Ich bin hier für Dich und gebe Dir einen Raum, in dem das in Ordnung ist. Ich unterstütze Dich. Ich nehme Dir Dinge ab. Ich halte Dich aus. Ich halte Deine Gefühle mit Dir aus. Und die gleichzeitig auch wissen, dass es ein Prozess ist, die wissen, es geht vorbei. Das aber vielleicht nur liebevoll andeuten oder gar nicht aussprechen, sondern Dir den Raum und die Zeit geben, die Du brauchst – und die dann schon auf der anderen Seite der Gefühle auf Dich warten.

Dein Einfluss auf Dich ist groß

Genau solche Menschen wünsche ich Dir. Und ich wünsche Dir von Herzen, dass Du Dich, wenn es Dir gerade gut geht, daran erinnerst, wie viele negative Gefühle Du in Deinem Leben schon ausgehalten hast und wie resilient Du schon längst bist. Mach Dir das bewusst. Du kannst das vielleicht noch brauchen, weil irgendwann kommt vielleicht wieder eine Krise, irgendwann kommt ein negatives Gefühl und dann kannst Du Dich erinnern und weißt: Ich kann das aushalten, ich kann das Gefühl spüren und dann Einfluss darauf nehmen: Es hinter mir lassen und wieder etwas anderes fühlen. 

Wenn es Dir gerade nicht so gut geht, dann wünsche ich Dir wirklich Menschen, die Dir einen geschützten Raum geben. Und ich bitte Dich: Schau, ob Du schon so weit bist, schau aufmerksam hin, ob das Gefühl jetzt gerade noch wichtig für Dich ist oder ob Du es schon loslassen kannst und irgendetwas Positives sehen kannst.

Du hast Einfluss, richtig viel Einfluss auf Dich und Deine eigenen Gefühle. Versuche es immer wieder und danke Dir selbst nach jedem Versuch. Es immer wieder zu versuchen, ist letztendlich der Schlüssel – das bringt Dich weiter und unterscheidet Dich von denen, die stehen bleiben.

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3 Comments

  1. Laura September 8, 2021 at 3:18 pm - Reply

    Danke für diese gute Erklärung für dieses Wort. Ich habe das immer mal wieder gelsen und so verstehe ich es endlich.

    • Monika September 8, 2021 at 3:19 pm - Reply

      Genau so!

    • corabanek September 8, 2021 at 3:21 pm - Reply

      Danke Laura und Monika, das freut mich sehr 🙏🏻

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